Der Energiekonzern RWE will zur Förderung von Braunkohle den letzten
Urwald Mitteleuropas zerstören: Den Hambacher Forst zwischen Aachen und
Köln. 90 Prozent sind schon vernichtet. Die letzten zehn Prozent werden
seit sechs Jahren von Umweltaktivist*innen besetzt und verteidigt.
Diesen Widerstand wollen RWE und die schwarz-gelbe NRW-Regierung diesen
Herbst zerschlagen: Durch die Räumung der Besetzung und völlige Rodung
des Waldes. Damit soll die wachsende Klimabewegung empfindlich getroffen
werden. Das wollen und dürfen wir nicht zulassen!
Wir wollen Dich zur Teilnahme an Protest- und Widerstandsaktionen
aufrufen! Gleichzeitig wollen wir erklären, warum der Kapitalismus für
den Klimawandel verantwortlich ist – und wie eine sozialistische
Alternative dazu erkämpft werden könnte.
Die Uhr tickt
Der Klimawandel ist zerstörerisch. Wetterextreme nehmen zu. Durch
massive Fluten, Dürren, Stürme, Kälte- und Hitzewellen sterben Menschen
oder verlieren ihre Existenzgrundlage. Wüsten breiten sich aus, andere
Gegenden werden regelmäßig überflutet. Ganze Landstriche werden
unbewohnbar, Menschen zur Flucht gezwungen. Expert*innen sind sich
einig: Wird sich die Welt um mehr als zwei Grad Celsius im Vergleich zur
vorindustriellen Zeit erwärmen, droht die Erderwärmung sich zu
verselbständigen: Eis- und Schneeschilde, die heute große Teile der auf
die Erde einstrahlenden Sonnenenergie reflektieren, schmelzen weg, die
so freiwerdenden Wasser- und Landflächen nehmen deutlich mehr Energie
auf. Verstärkt wird dieser Trend durch den zunehmenden Zerfall der
schützenden Ozonschicht. Ein Teufelskreis mit unvorhersehbaren,
dramatischen Folgen würde beginnen.
Die Herrschenden gehören zum Problem, nicht zur Lösung
Die Gremien der kapitalistischen Klasse – G20, UNO, Weltklimakonferenz,
Regierungen etc. – wissen sehr genau über die Problematik Bescheid. Sie
diskutieren sie seit vielen Jahren und beschließen Maßnahmenpakete, die
allesamt völlig unzureichend sind.
Im herrschenden kapitalistischen System stehen verschiedene Konzerne und
Länder sich konkurrierend gegenüber. Das führt dazu, dass sie alle
möglichst schnelle Profite erwirtschaften müssen. Kurzfristig gedacht
ist Umweltschutz teuer. So kommt es, dass sich die Konzerne und Staaten,
um wettbewerbsfähig zu sein, nicht mal an die viel zu begrenzten
Beschlüsse halten: 2011 ist Kanada aus dem Kyoto-Umweltschutzabkommen
ausgestiegen, um Strafzahlungen wegen Nichteinhaltung der Vereinbarungen
zu vermeiden. Die USA unter Donald Trump haben 2017 die Pariser
Klimaverträge aufgekündigt. Der einflussreiche „Berliner Kreis“ in der
CDU betont die „positiven Chancen“ der Erderwärmung – Rohstoffabbau und
Fischfang in den Polregionen. Anstatt den Kohleausstieg zu organisieren,
wird er mit der Kohlekommission hinausgezögert. Die Grünen, die sich
aktuell wieder als Öko-Partei aufspielen, haben während ihrer
NRW-Regierungsbeteiligung bis 2017 so viel für das Klima getan wie
Kanzlerin Merkel: Nichts. Ihre Kritik beispielsweise an Trump ist
scheinheilig.
Das alles zeigt: Die Herrschenden sind unfähig, den Klimawandel zu
stoppen, auch wenn sie die Erde auf den Kollaps zusteuern. Veränderung
kann nur von uns kommen!
Hambacher Forst verteidigen – Europas größte CO2-Schleuder besetzen!
Im Rheinland, zwischen Köln und Aachen, wird in einer Reihe von
Tagebauen Braunkohle abgebaut. Sie wird in Kraftwerken verfeuert und so –
enorm ineffizient – in Strom und Fernwärme verwandelt. Das Rheinische
Braunkohlerevier ist die größte CO2-Schleuder Europas. In der Hoffnung
auf schnelle Profite heizen Energiekonzerne den Klimawandel weiter an.
Ganze Landstriche werden zerstört, Menschen vertrieben und die Umgebung
verpestet.
Das Bündnis „Ende Gelände“ ruft – zusammen mit anderen Akteuren – dazu
auf, dagegen vorzugehen. Mit Protesten, aber auch Blockaden von Gleisen,
Besetzungen von Tagebauen, Baggern und Bäumen soll die Kohleindustrie
effektiv gestört, der Hambacher Forst verteidigt und so die Umwelt
geschützt werden. Wir unterstützen das und rufen zur Teilnahme auf!
RWE und Landesregierung sind entschlossen, diesen Herbst den Widerstand
im Hambacher Forst und damit ein zentrales Symbol der Klimabewegung zu
brechen. Der Wald soll vollständig gerodet werden, um Energiekonzernen
den Zugang zu billiger Braunkohle zu erhalten. Ist der Protest und
Widerstand stark genug, kann das verhindert werden. Die Mehrheit der
Bevölkerung ist für den Kohle-Ausstieg – doch die Regierenden verzögern
ihn weiter. Lasst ihn uns erkämpfen!
Solange private Profite und nicht die Bedürfnisse von Mensch und Natur darüber entscheiden, was geschieht, ist aber keine nachhaltige Lösung in Sicht. Deswegen schlagen wir folgendes Programm vor:
1. Für den sozial-ökologischen Wandel!
Es braucht eine demokratische Diskussion, an deren Ende ein Plan zum
Umbau der Energiewirtschaft stehen sollte. Essentials dabei sind in
unseren Augen:
Kohleverstromung muss gestoppt werden. Kernkraftwerke sind tickende
Zeitbomben und stellen keine Alternative dar. Auch Gaskraftwerke können
allenfalls vorübergehend Ersatz sein. Der Energieverbrauch muss
reduziert werden (zum Beispiel durch Stilllegung der energieintensiven
Kriegsindustrie, den Abbau von Überproduktion, Dämmung von Häusern
etc.). Der dann noch tatsächlich benötigte Energiebedarf muss möglichst
schnell zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen stammen.
Wir brauchen Alternativen zum individuellen Autoverkehr. Eine Säule wäre
ein gut ausgebautes, kostenloses öffentliches Verkehrswesen, aus
ökologischen Gründen möglichst ohne Verbrennungsmotoren.
2. Die Beschäftigten sind Teil der Lösung!
Die Beschäftigten der Energiekonzerne sind genauso betroffen von
Umweltzerstörung wie alle anderen. Oft sogar noch krasser –
beispielsweise die Arbeiter*innen in den Tagebauen atmen dauerhaft hohe
Dosen Kohlenstaub ein.
Arbeiter*innen in der Energie- und Bergbaubranche besitzen viele
Kompetenzen, die wertvoll sind für die Umstellung auf erneuerbare
Energien. Wollen wir einen grundlegenden Wandel erreichen, geht das nur
mit, nicht gegen die Beschäftigten.
Wir kämpfen für eine Arbeitsplatzgarantie, mindestens zu gleichen
Konditionen. Wenn nötig müssen ausreichend Umschulungsmöglichkeiten
geboten werden.
3. Die Reichen sollen zahlen!
Finanziert werden könnte ein solches Programm mit den Milliardengewinnen
der Superreichen, Banken und Konzerne – die ihre Gewinne nicht selten
durch die Zerstörung der Umwelt machen: Die Kosten der Schäden an Mensch
und Natur werden von uns allen bezahlt, die Gewinne hingegen gehen an
die Konzerne und Aktionäre. Mit Reichensteuern, Millionärsabgaben bis
hin zu Enteignungen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, die
benötigten Gelder dort zu mobilisieren.
4. Für grenzenlose Solidarität!
Klimaveränderungen machen vor nationalen Grenzen nicht halt, unser
Widerstand darf es auch nicht. Wir sind solidarisch mit allen
Klimakämpfen, linken und sozialistischen Bewegungen weltweit. Menschen,
die vor den Folgen des Klimawandels fliehen, müssen hier aufgenommen
werden und gleiche Rechte bekommen.
5. Für sozialistische Demokratie!
Kein Erfolg ist sicher, solange die Profitinteressen der Konzerne und
Superreichen darüber entscheiden, was geschieht. Kapitalismus bedeutet,
dass verschiedene Konzerne und Nationen miteinander um Marktanteile und
Einflussgebiete konkurrieren. Kapitalismus heißt Überproduktion und
Mangel, Kapitalismus bedeutet Krieg und Elend, Kapitalismus bedeutet
Umweltzerstörung und Vertreibung. Der Kapitalismus muss überwunden und
durch eine sozialistische Demokratie ersetzt werden: Eine Gesellschaft,
in der die Produktion sich an den Bedürfnissen von Mensch und Natur
orientiert, und die demokratisch von der gesamten Gesellschaft
kontrolliert wird.
Hambacher Forst verteidigen, Tagebaue lahmlegen: Sei dabei!
Im Herbst 2018 sowie der Rodungssaison (bis Ende Februar 2019) wird es
rund um den Hambacher Forst und das rheinische Tagebaugebiet vielfältige
Proteste und Aktionen geben. Wir rufen Dich zur Teilnahme auf! Dabei
konzentrieren wir uns auf die Ende Gelände-Aktionstage, wo wir mit
tausenden Aktivist*innen große Wirkung erzielen werden.
- Den Termin und weitere Infos zu Ende Gelände findest Du auf der Bündniswebseite ende-gelaende.org
- Infos zu weiteren Aktionen und zur Situation im Hambacher Forst gibts unter hambacherforst.org
- Auf unsere Webseite linksjugend-solid-nrw.de informieren wir kurzfristig, wie Du uns bei den Ende Gelände-Aktionstagen finden kannst.
Organisier Dich!
Die sozialistische Zukunft muss erkämpft werden. Alleine wird man diesen Kampf nicht gewinnen.
Deswegen: Organisier dich – mach mit bei linksjugend [’solid] NRW!
* Wir wollen mit dem Sternchen darauf aufmerksam machen, dass es mehr als zwei biologische Geschlechter gibt und noch viele weitere persönliche und soziale Geschlechtsidentitäten (gender) hinzukommen.