Sozialismus geht nur von unten – 60 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer

Sozialismus geht nur von unten – 60 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer

Niemand hatte die Absicht sie zu errichten und doch war sie plötzlich vom einen auf den anderen Tag da: die Berliner Mauer. In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 – unter Einsatz von rund 15000 Angehörigen verschiedener Polizeieinheiten und Betriebskampfgruppen – wurde das letzte Schlupfloch, welches das Übertreten der Grenze zwischen Bundesrepublik und DDR noch ermöglichte, beseitigt. Zunächst nur provisorische Stacheldrahtzäune, kleinere Wälle und Betonblöcke, später dann befestigte Anlagen mit Wachtürmen, Schussanlagen, Wachhunden und Panzersperren trennten so innerhalb kürzester Zeit Familien, Freund:innen und Bekannte hermetisch voneinander ab. Einigen wenigen gelang zwar eine Flucht über die Mauer, doch manche bezahlten diese Versuche auch mit ihrem Leben, da wie überall an der innerdeutschen Grenze ein strenger Schießbefehl galt. Bereits seit 1952 war das Staatsgebiet der DDR zum Westen hin abgeriegelt und waren kurz nach Gründung der DDR noch ca. eine halbe Million Westdeutsche – getrieben von der Hoffnung in einen jungen sozialistischen Staat – in die DDR übergesiedelt, verließen in der Zeit bis 1961 fast drei Millionen Menschen wieder das Land. Aus Angst vor einer Implosion der DDR-Wirtschaft schloss man die Grenzen vollständig und riegelte West-Berlin vom Rest des Umlandes ab.

Grund für die massive Abwanderung war der bürokratisch-diktatorische Charakter, der in Form der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) verkörperten Führung der DDR. Dieser sorgte für eine immer weiter ansteigende Entfremdung innerhalb der Bevölkerung und führte zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Versorgungsengpässen. Die Kluft zwischen einer Parteielite, die sich immer mehr durch Privilegien bereicherte und deren politische Entscheidungen vom Ziel diese weiterhin aufrechtzuerhalten getrieben waren, und der einfachen Bevölkerung, deren Traum von einer sozialeren und gerechteren Lebenssituation bitter enttäuscht wurde, wurde immer größer. Zwar war es z.B möglich sowohl im Bereich der Energiewirtschaft als auch in der Schwerindustrie einen bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwung zu erzielen und auch soziale Errungenschaften gegenüber den Verhältnissen in der BRD zu etablieren. So gab es ein tatsächlich realisiertes Recht auf Arbeit, die Berufstätigkeit von Frauen nahm enorm zu, Mutterschutz und Kinderganztagsbetreuung waren die Norm und die Preise für Grundnahrungsmittel und Mieten waren öffentlich-rechtlich normiert und niedrig. Doch eine tatsächliche Errichtung eines durch die Bevölkerung kontrollierten und gestalteten sozialistischen Staates hat nie stattgefunden. Dies war jedoch auch gar nicht das Ziel der befehlshabenden Administration durch die damalige stalinistische Sowjetunion, da diese die DDR als neutralen Pufferstaat und Schutzwall vor imperialistischer Aggression des Westes aufbauen wollte.

Der Bau der Berliner Mauer war der letzte verzweifelte Versuch, einer Bevölkerung durch Zwang von oben ein nicht-kapitalistisches Wirtschaftssystem aufzuzwängen, welches in dieser Form weder effizient noch demokratisch gestaltet war. Es verdeutlicht, dass die Entwicklung zu einer wirklich sozialistischen Demokratie nur von unten, durch die Menschen selber, errungen werden kann. Die DDR-Bevölkerung war willens und in der Lage, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und Wirtschaft und Produktion in räteähnlichen Strukturen demokratisch und selbstbestimmt zu gestalten; das haben sie in den zu Beginn selbstorganisiert errichteten Antifa-Komitees gezeigt. Doch diese Selbstermächtigung war nicht gewollt von der stalinistischen Bürokratie, genauso wenig wie ein internationales, gemeinsames Handeln und Aufbegehren der Arbeiter:innenklasse, da jene letztendlich nur nationale Interessen verfolgte.

Wir ziehen unsere Lehren aus der stalinistischen DDR, die den Sozialismus nur im Namen trägt, und kämpfen Seite an Seite mit Arbeiter:innen aller Welt für die Überwindung des Kapitalismus und für eine sozialistische Gesellchaft von unten. Dafür brauchen wir nicht mehr, sondern weniger Grenzen, denn nur gemeinsam werden wir die Mauern dieses Systems einreißen können.