Polarisierte Zeiten

Dieser Text wurde bei der Landesvollversammlung am 3. März 2019 in Bochum als Leitantrag beschlossen

Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Laut der aktuellen Oxfam-Studie besitzen inzwischen 26 Männer* so viel wie die ganze ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. In den zehn Jahren seit der Weltwirtschaftskrise hat sich die Zahl der Millardär*innen weltweit nahezu verdoppelt und ihre Vermögen stiegen im Durchschnitt um 11%. Sie werden um 2,5 Milliarden US-Dollar am Tag reicher. Gleichzeitig wächst die Armut. Die globale Arbeitslosigkeit liegt bei geschätzten 200 Millionen Menschen und weltweit sind fast 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist der Kapitalismus im 21. Jahrhundert.

Die Spannungen zwischen den Politiker*innen und Kapitalist*innen verschiedener Nationen nehmen immer weiter zu. Trotz der Globalisierung ist die Bourgeoisie am Ende auf den Nationalstaat angewiesen, um ihre Profite zu sichern und sich in der globalen Konkurrenz durchzusetzen. Wir befinden uns schon lange in einer multipolaren Welt, wo verschiedene Machtblöcke, an deren Spitze die USA, die EU, China und Russland stehen, miteinander konkurrieren. Handelskriege haben zugenommen und immer mehr imperialistische Mächte beteiligen sich an regionalen Konflikten, die zu Stellvertreterkriegen ausarten.
Mit der Wohl von Bolsonaro in Brasilien hat sich ein weiterer Politiker in die Riege autoritärer, rechtspopulistischer Herrscher neben Trump in den USA, Netanjahu in Israel, Orbán in Ungarn, Modi in Indien usw. gesellt. Immer häufiger setzt der Kapitalismus auf autoritäre und halb-bonapartistische Herrschaftsweisen, um seine Interessen durchzusetzen. Sie bereiten die nächsten Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse vor und sind eine Bedrohung für die vielen Aktivist*innen in den jeweiligen Ländern.

Aber wir haben es nicht mit einem globalen Rechtsruck, sondern eine weltweiten Polarisierung zu tun. In Iran kämpfen die Arbeiter*innen weiter für Brot, Arbeit und Räte. Der Sudan befindet sich in einer revolutionärer Situation. Tausende sind auf der Straße, um die brutale al-Baschir-Diktatur zu stürzen. In Tunesien, wo vor fast 10 Jahren der arabische Frühling begann, als ein Gemüsehändler sich selbst anzündete, um gegen Polizeigewalt zu demonstrieren, hat sich erneut ein Journalist angezündet, um gegen die Regierung zu protestieren. Seitdem wird das Land immer wieder von Generalstreiks erschüttert. In Indien nahmen am 10. und 11. Januar 200 Millionen Menschen am größten Generalstreik der Weltgeschichte teil. Aber auch in Europa kommt es zu Widerstand. Seit Wochen sind in Frankreich die Gelbwesten jeden Samstag auf der Straße und fordern den Rücktritt des Präsidenten Macron, der liberalen Hoffnung der EU-Eliten. Sie sind die größte Protestbewegung in Frankreich seit den revolutionären Ereignissen im Mai 1968.

Weltweit findet sich der Kapitalismus in einer sozialen und politischen Krise. In England konnten sich die Tories auf keinen Brexit der Bosse einigen, die neue italienische rechtspopulistische Regierung kommt immer wieder in Konflikt mit den EU-Kommissionen, und in Griechenland ist die SYRIZA-ANEL Regierung auseinander gebrochen. Nachdem die damals 15-jährige Schwedin Greta Thunberg vor der UN-Klimakonferenz über die Zerstörung der Umwelt gesprochen hat, streiken wöchentlich Schüler*innen und Studierende – und das weltweit! In Frankreich haben die Gelbwesten-Proteste immer noch nicht abgenommen. Vor uns werden dieses Jahr viele weitere Kämpfe stehen, wir können aus internationalen Erfahrungen lernen, und uns auf die Auseinandersetzungen in Deutschland vorbereiten, die früher oder später ausbrechen werden.

Wohin geht die Weltwirtschaft?

Die globalen politischen und sozialen Umbrüche finden auf der Basis der ökonomischen Entwicklung des Weltkapitalismus statt. Die Weltwirtschaftskrise von 2007/08 hatte die Hoffnungen der herrschenden Klasse auf einen unbegrenzten Aufschwung und ein „Ende der Geschichte“ begraben. Weltweit mussten Banken und Konzerne mit öffentlichen Geldern gerettet werden, um die Profite der Kapitalist*innen zu retten. In ganz Europa wurden Ländern wie Griechenland, Irland oder Italien brutale Austeritätsprogramme aufgezwungen, welche die Wirtschaft an ausländische Konzerne verscherbelte und die Arbeiter*innen ins Elend trieb.

Offiziell ist die Krise vorbei. Wenn man den bürgerlichen Finanzexperten glauben schenken darf, befindet sich die Weltwirtschaft überall wieder im Aufschwung – auch wenn sich dies nicht in einem gesteigerten Lebensstandard der Mehrheit der Menschen ausdrückt. Marx schrieb in seiner Analyse des Kapitalismus, dass die Kapitalist*innen mit jeder Krise, die sie zu lösen versuchen, die nächste Wirtschaftskrise vorbereiten. Der aktuelle Aufstieg der Wirtschaft konnte nur durch eine massive fortdauernde Verschuldung gewährleistet werden. Die nächste Weltwirtschaftskrise wird die Menschheit nur noch härter treffen, weil es weniger Möglichkeiten geben wird, Banken und Konzerne zu retten. Die Krise wird den Arbeiter*innen und Armen aufgezwungen, die mit ihren Löhnen, Jobs, Wohnungen und Sozialversicherungen zahlen müssen, damit die Bonzen weiter im Luxus leben können.

Krisen kommen nicht aus dem Nichts oder entstehen zufällig. Bei der Weltwirtschaftskrise 2007/08 wurde oft behauptet, es handle sich um einen Betriebsunfall des Kapitalismus, einzelne unverlässliche Bänker hätten sich verzockt und dadurch den Stein ins Rollen gebracht. Aber Krisen sind ein fester Teil des kapitalistischen Systems und treten regelmäßig auf. Die Kapitalist*innen sind gezwungen immer neue Profite zu machen, aber Marx analysierte, dass im Kapitalismus eine Tendenz zum Fall der Profitrate existiert. Um das zu verhindern brauchen die Kapitalist*innen immer neue Absatzmärkte und neue Investitionsmöglichkeiten. Langfristig führt dies zu Sozialkürzungen und Lohnsenkungen, zu der imperialistischen Ausbeutung neokolonialer Länder, zu Handelskriegen und sogar zu militärischen Auseinandersetzungen. Verbunden mit politischen Entscheidungen der Herrschenden und politischen und sozialen Faktoren führen diese Entwicklungen zu neuen Krisen.

Ende 2018 schlossen die Börsen mit ihren schlechtesten Ergebnissen seit 1931 ab. Weltweit fielen die Aktienmärkte um 12 Prozent. Besonders die Aktienmärkte der sogenannten Schwellenländer, denen ein Aufstieg zu den Ländern der „ersten Welt“ prophezeit wurde, schnitten mit einem Rückgang von 20 Prozent besonders schlecht ab. Schnell können die Entwicklungen der Finanzmärkte auch Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben. Diese drastischen Entwicklungen haben dazu geführt, dass inzwischen auch die bürgerlichen Ökonom*innen ankündigen, dass wir vor einer kommenden Rezession stehen, die in eine neue Weltwirtschaftskrise führen kann. Die Kapitalist*innenklasse reagiert auf die Entwicklungen mit einem Ende des freien globalen Marktes und eine Rückbesinnung auf den Protektionismus. Gleichzeitig kommt es zu einer Zunahme von Handelskonflikten und -Kriegen, um die globale Einflussspähre zu erhöhen. Aber auch in regionale Konflikte, die sich zu Stellvertreterkriege entwickeln, schalten sich immer mehr imperialistische Kräfte ein. Zwar zieht sich die USA aus verschiedenen Gebieten zurück, dafür verstärkt sie ihre Intervention in Lateinamerika, welche die US-amerikanische herrschende Klasse traditionell als ihren „Hinterhof“ betrachtet. Russland reagiert auf die Ausbreitung von NATO und EU besonders durch verstärkte Einflussnahme in der ehemaligen Sowjetunion und Russland nahestehenden Staaten. China weitet seinen direkten wirtschaftlichen Einfluss durch das Großprojekt der sogenannten „Neuen Seidenstraße“ auf die Weltwirtschaft enorm aus. Sowohl die EU, Russland, als auch China beziehen in regionalen Konflikten in der arabischen und afrikanischen Welt durch Waffenlieferungen, militärische Ausbildung, sowie Handelsbündnissen verstärkt Stellung. Jede imperialistische Macht geht davon aus, dass sie sich in den Konflikten erfolgreich durchsetzen wird, schlussendlich erhöht die globale Konkurrenz aber die Faktoren, die zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch führen werden.

Ein Tropfen reich aus, um das Fass zum überlaufen zu bringen. In den vergangen zwei Jahren konnten wir sehen, wie die Banken in Italien kurz vor dem Zusammenbruch standen, wie in China regelmäßig Immobilienblasen platzten, welche die Aktienmärkte nach unten rissen, und zuletzt nur durch die Rentengelder der Millionen staatlichen Angestellten gerettet werden konnten. Jeder dieser Momente hätte der Auslöser für den Zusammenbruch des Kapitalismus sein können.
Die nächste Krise steht bevor – noch ist unklar wann und welcher Form, aber sie wird kommen. Wir müssen uns darauf vorbereiten und den Kapitalist*innen die passende Antwort geben. Die Herrschenden werden auf die Krise mit Angriffen auf die Arbeiter*innenklasse reagieren. Wir müssen uns widersetzen. Nur eine sozialistische Politik, welche die Wirtschaft von Konkurrenz und Profitlogik befreit und sich nach den Bedürfnissen der Menschen richtet, kann die nächste Krise verhindern.

Merkels Politik wird fortgesetzt

Die soziale Lage in Deutschland spitzt sich weiter zu. Während die Milliardär*innen in Deutschland im vergangenen Jahr ihr Vermögen um 20 Prozent steigern konnten, nehmen die Einkommen der untersten zehn Prozent weiter ab. Der Wohlstand konzentriert sich krass auf Wenige: Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt so viel wie die 87 ärmeren Prozent. Daran ändern auch die kaum spürbare Anhebung des Mindestlohns und andere kosmetische Korrekturen nichts.

13 Millionen Menschen leben in Deutschland in Armut. Obwohl nach offiziellen Angaben die Arbeitslosigkeit abnimmt, nimmt die Armut zu: Mit über 15 Prozent ist die Armutsquote in Deutschland so hoch wie seit 1996 nicht mehr. Bei Kindern liegt sie sogar bei fast 20 Prozent. Wie das zusammen passt: Nur so, dass zum einem viele Menschen aus den Statistiken herausgerechnet werden, und zum anderen vor allem viele Löhne einfach nicht zum Leben reichen. Denn die Preise für Mieten und Mobilität explodieren, und auch andere Lebenshaltungskosten sinken nicht.

Dagegen gibt es berechtigten Unmut. Wie in vielen anderen Ländern drückt er sich widersprüchlich aus: Während verschärfter Klassenkampf, Masseneintritte in DIE LINKE und starke linke Wahlergebnisse uns logisch erscheinen könnten, bleibt dies (vorerst) aus. Auf der anderen Seite gibt es aber eine Zunahme sozialer Themen, die in der Vordergrund rücken, und Bewegungen, sei es der Hambacher Forst, Fridays for Future, der Kampf gegen die Abtreibungsparagraphen oder gegen Rassismus. Allgemein herrscht in breiten Schichten eine Stimmung gegen die herrschende Politik. Besonders aber die AfD profitierte von der Anti-Establishment-Stimmung, stagniert aber in aktuellen Umfragen bei 15%. Sie erklärt Geflüchtete und andere Minderheiten zu Sündenböcken und steht programmatisch für einen noch brutaler neoliberalen Kurs als die aktuelle Regierung. Aktuell können die Grünen als liberale Alternative gewinnen, und erreichen Schichten von ehemaligen CDU- und SPD-Wähler*innen, sowie Jugendlichen, die denken die Grünen wären eine soziale Alternative gegenüber Rassismus und Hetze. Dabei stehen auch die Grünen für einen neoliberalen Kurs. Wir müssen die Grünen enttarnen und die Schichten, die gegen Rassismus kämpfen wollen, für uns gewinnen.
Diese Polarisierung können wir in ganz Europa beobachten und wird sich auch im kommenden EU-Wahlkampf ausdrücken. Wir werden keine eigenständige EU-Wahlkampfkampagne stemmen, aber unterstützen nach Kräften den Wahlkampf der Partei. Dabei setzen wir uns für sozialistische Forderungen ein, die keine Illusionen in die Reformierbarkeit der neoliberalen, militaristischen und undemokratischen EU schüren. Wenn das Wahlkampfmaterial dies nicht hergibt, wird der Landessprecher*innenrat beauftragt, einen eigenen Wahlaufruf zu schreiben, der als Flyer Basisgruppen zur Verfügung gestellt wird.
Wir bekämpfen Rassismus und Nationalismus, auch indem wir sozialistische Antworten auf die sozialen Probleme der Menschen geben. Diese Probleme werden verursacht von allen bürgerlichen Parteien: Grüne, SPD, FDP und Union sind die eigentlichen Verantwortlichen für den Aufstieg der AfD. Die AfD wird, sobald sie in Regierungsverantwortung kommt, noch brutaler neoliberale Politik umsetzen. Der Kampf gegen die Politik für Banken und Konzerne muss die Basis für unseren antifaschistischen Kampf sein. Trotzdem wird es immer wieder vorkommen, dass wir uns in Bündnissen mit der Grünen Jugend oder den JuSos wiederfinden werden. Dort müssen wir uns dafür einsetzen, den Kampf gegen Rassismus mit dem Kampf gegen den Kapitalismus und der herrschenden Politik zu verbinden. Wir müssen ihnen deutlich zu verstehen geben, dass wir im Zweifelsfall zwar mit ihnen zusammen kämpfen, aber einem klar sozialistischen Programm treu bleiben und unsere Kritik an SPD und Grünen nicht zurückhalten werden.

Der Klassenkampf wird nicht immer stagnieren. Neue politische, soziale und ökonomische Erschütterungen können eine neue Welle von Kämpfen in Deutschland auslösen. Wir werden einen wichtigen Faktor dabei spielen, dass sich die gesellschaftliche Polarisierung schließlich auch deutlich nach links ausdrückt.

NRW

In NRW setzt die Regierung weiter ihr hartes Programm durch. Egal ob beim neuen Polizeigesetz oder dem Vorstoß, die linksjugend [’solid] geheimdienstlich überwachen zu lassen; egal ob beim Hochschulgesetz oder dem Linksextreminsmus-Ausstiegsprogramm; egal ob bei den Räumungen am Hambacher Forst oder der Auflösung der Stabsstelle Umweltkriminalität; egal ob bei Abschiebungen oder den Razzien in Shisha-Bars: Sie zeigt deutlich, dass sie die Regierung des Kapitals ist, die zudem offensiv Rassismus befeuert. Belohnt wird sie dafür mit Protesten, die schon jetzt teils massiv sind, aber nur eine Idee vom schlummernden Potenzial geben. Besonders stechen dabei die Mobilisierungen gegen Umweltzerstörung und gegen Rassismus sowie Mobilisierungen unserer kurdischen und türkischen Genoss*innen hervor. Dieses Jahr werden außerdem zahlreiche Streiks hinzukommen, zum Beispiel im öffentlichen Dienst oder bei Pilot*innen.

Besonders erdrückend werden die in vielen Städten ohnehin schon teuren Mietpreise, die weiter rasant anwachsen. Die Landesregierung möchte Gesetze auslaufen lassen, die den Mietanstieg zumindest leicht abbremsen, sowie das Mietrecht einschränken. Das wird die Lage verschlimmern. Obwohl es zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt, werden fast keine günstigen Wohnungen gebaut. Probleme, ein teures Eigenheim oder teure Mietwohnungen zu finden, gibt es hingegen in keiner Stadt: Wie immer werden die Reichen bevorzugt. Wir stellen dem ein sozialistisches Programm entgegen: Enteignung der großen Immobilienkonzerne, Mietpreise dürfen nachweislich nicht mehr betragen als für Bau, Instandhaltung und sonstige reelle Kosten verbraucht werden (Kostenmiete). Die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen aus der kapitalistischen Profitlogik gerissen werden und zu wirklichen staatlichen Gesellschaften, unter Kontrolle von Mieter*innenvereinen, Gewerkschafter*innen und Anwohner*innen transformiert werden, die mehr bauen – aber bitte nachhaltig, sowohl was Bauökologie und Energieverbrauch, als auch was Generationenplanung angeht.
Auch die Mobilitätsfrage wird akuter. Nicht nur im Winter, wenn die Bahn von Schnee überrascht ihren Betrieb einstellt und Hunderttausende nicht wissen, wie sie zur Arbeit oder nach Hause kommen sollen. In ländlichen Regionen ist man in aller Regel auf ein (umweltschädliches) Auto angewiesen, weil das öffentliche Verkehrswesen so schlecht ausgebaut ist. In einigen Städten darf man solche Autos bald nicht mehr nutzen, für finanziell Benachteiligte ein Fiasko, da kein Ausgleich geschaffen wird. Wir kämpfen für den massiven Ausbau des (elektrifizierten) öffentlichen Verkehrswesens, bezahlt durch die Gewinne der Superreichen und Konzerne und damit kostenlos nutzbar für Normalsterbliche. Das wäre echter Umweltschutz!

Wir intervenieren in all diese Kämpfe. Nicht nur als Teilnehmer*innen, sondern als Ideengeber*innen: Wir intervenieren politisch, argumentieren für ein radikales Programm und radikale Methoden, wir verbreiten sozialistische Ideen und bieten uns als Kampforganisation an. Wir ziehen Verbindungen zwischen verschiedenen Bewegungen und Kämpfen, die die oftmals bürgerlichen Führungen der Bewegungen gerne weglassen würden. Wir helfen den Aktivist*innen dabei, antikapitalistische und sozialistische Schlüsse zu ziehen – damit ihr Kampf Aussicht auf Erfolg hat. Denn im Rahmen des Kapitalismus können keine nachhaltigen Erfolge errungen werden.

Zurückblicken und voranschreiten

Der Landesverband der linksjugend [’solid] NRW befindet sich in einem immer noch andauernden Zustand des Wachstums. Wir haben aktuell etwa 40 Basisgruppen, über 1200 Mitglieder und die Tendenz ist weiterhin steigend. Im vergangenen Jahr haben sich mehrere Basisgruppen gegründet und nur eine leider aufgelöst.

Um zu gewährleisten, dass ein reger Austausch zwischen der Landes- und der Basisebene zustande kommen kann, steht der LSp*R den Basisgruppen mit Rat und Tat zur Seite, indem er sie beispielsweise bei der Planung von Aktionen unterstützt oder als Anlaufstelle für Beratung zu Basisgruppenorganisation und Mitgestaltung des Landesverbands dient. Das Konzept der Basisgruppenbetreuung wird daher immer konsequenter durchgeführt, allerdings gibt es hier auch noch Nachholbedarf. In Zukunft wird es für den LSp*R deshalb wichtig sein, den Basisgruppen noch präsenter zu sein als bisher.

Als weiteres Mittel zur Verknüpfung von Landesverband und Basisgruppen wird 2019 ein neues Konzept für die Onlinepräsenzen der Linksjugenden NRW an den Start gehen. Basisgruppen haben dann die Möglichkeit, ihre Webinhalte auf eine zentrale Infrastruktur zu stellen, damit der Landesverband nach außen hin als eine organisierte Kraft auftreten kann. Zudem wird das neue Onlinekonzept zahlreiche praktische Features für die Organisation der Basisgruppen und zum Austausch unter Mitgliedern bieten, so zum Beispiel landesweit synchronisierte Kalender, Chats, Foren, ein Material- und Literaturarchiv und vieles mehr.

Gestartet haben wir das vergangene Jahr mit einer feministischen Kampagne. Gegen schlechtere Bezahlung von Frauen*, gegen Diskriminierung in Medien und Werbung, gegen Übergriffe und blöde Sprüche und gegen konservative Rollenbilder setzen wir den gemeinsamen Kampf von Frauen*, Männern* und allen anderen für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung. Auf kapitalistischer Grundlage ist solch eine Gesellschaft undenkbar, da die Macht der Eliten zu guten Teilen auf der Spaltung der Bevölkerung beruht. Die Bedingung, nachhaltige Erfolge im Kampf um Emanzipation zu erringen, ist daher eine sozialistische Gesellschaft. Das heißt nicht, dass wir den Kampf gegen Diskriminierung egal welcher Art bis dahin ruhen lassen. Aber wir erklären Aktivist*innen, dass sie ihren Kampf gegen konkrete Missstände mit dem Kampf gegen das ganze System verbinden sollten und bieten unseren Verband als Kampforganisation an.
Die Feminismus-Kampagne wurde von vielen Basisgruppen getragen. Es fanden viele lokale Aktionen und Veranstaltungen statt, an der landesweiten Demonstration, die wir zusammen mit vielen Verbündeten initiiert hatten, beteiligte sich auch ein beeindruckender Block von LINKE, SDS und vielen Genoss*innen unseres Verbandes. Auch die Demo als Ganzes markiert einen Fortschritt für die feministische Bewegung in NRW, an dem auch 2019 angeknüpft werden soll.

Begleitet hat uns im letzten Jahr sehr stark die Auseinandersetzung um die Braunkohle und den Hambacher Forst. Mitglieder von uns haben in vielen Städten gegen die Umweltzerstörung durch RWE und Co gekämpft. Wir haben mehrere Flyer und Sticker herausgegeben und dabei immer versucht zu erklären, dass ein „grüner Kapitalismus“ unmöglich ist und wir den Kapitalismus überwinden müssen, um die ökologische Krise so gut es geht abzufedern. Diese These bestätigt sich leider mit jeder neuen Untersuchung. Aller Klimaziele zum Trotz steigen die Emissionen treibhausaktiver Stoffe. Schnelle, radikale Maßnahmen sind nötig: Sofortiger Stopp der Kohleförderung, Abschaltung von Kraftwerken, kostenloser, gut ausgebauter Personenverkehr (möglichst elektrifiziert), Stilllegung von Kriegs- und Werbeindustrie, Abbau von Überproduktion. Als eines der wenigen Argumente dagegen bringen Laschet, RWE und Konsorten die angeblich bedrohten Arbeitsplätze. Wir halten dagegen, fordern die Enteignung der Konzerne. Mit ihren durch Ausbeutung geschaffenen Profiten wollen wir Umschulungen finanzieren, nötige Investitionen in Zukunftstechnologien, Infrastruktur und vor allem gegen die drohende Klimakatastrophe ermöglichen und die Arbeitszeit für alle Beschäftigten gleichmäßig verteilen, d.h. bei gleichem Lohn reduzieren. Mit diesen sozialistischen Ideen hat eine Delegation unseres Landesverbands als einzige linke Organisation an einer riesigen Gewerkschafter*innen-Demo teilgenommen und mit dem Slogan „Umwelt und Arbeit sind kein Widerspruch!“ versucht, Feindschaften zwischen Umwelt- und Gewerkschaftsbewegung abzubauen. Insgesamt hat die Bewegung zur Rettung des Hambacher Waldes im Herbst eine dramatische Zuspitzung erfahren, die im größten Polizeieinsatz in der nordrhein-westfälischen Nachkriegsgeschichte, vielen verletzten Aktivist*innen, einer massiven Repressionswelle und einem gestorbenen Menschen mündete. Gleichzeitig gab es auch unglaublich große und entschlossene Mobilisierungen, die letztlich ausschlaggebend dafür gewesen sein dürften, dass ein Gericht die Rodung untersagt hat. Wir waren bei den Demos und in Wald, in vielen Städten und auf den Bäumen und haben nicht unwesentlichen zu diesem Erfolg beigetragen.

Passend zur gesteigerten Repression wurde ein neues Polizeigesetz durchgedrückt, das dem Repressionsapparat mehr Möglichkeiten gibt, gegen Linke vorzugehen. Mit vielen Verbündeten haben wir dagegen gekämpft – vorerst vergeblich. Eine besondere Anerkennung unserer Arbeit war der Vorstoß von Bluthund und Innenminister Reul, der forderte, uns umfassend geheimdienstlich überwachen zu lassen. Auch bundesweit nimmt die Repression gegen Linke zu, die Rote Hilfe ist vom Verbot bedroht.

Über Pfingsten haben wir erstmals ein sozialistisches PfingstCamp angeboten, zusammen mit dem Landesverband Rheinland-Pfalz und dem Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke. Wir waren überwältigt von der Teilnahme – mit 130 Personen fast doppelt so viele Menschen wie erhofft. Es wurden einige kleine Fehler gemacht (Raumplanung, Getränkeverkauf, Zeitplanung), aus denen wir wir das PfingstCamp 2019 lernen, aber im Großen und Ganzen war das Camp von Programm, Stimmung, Teilnahme und nicht zuletzt auch vom Wetter her ein großartiges Erlebnis, das uns motiviert, dieses Jahr ein ebenso tolles Camp durchzuführen.

Weiterhin stellt der Landesverband Material wie Flyer und Sticker zur Verfügung. Im letzten Jahr starteten wir mit diesen Materialarten Kampagnen zu den Themen Antimilitarismus, Antifaschismus, Fluchtursachen, Asyl und Migration, Umweltschutz, Feminismus und dem Polizeigesetz NRW.

Auch in vielen anderen Arbeitsfeldern war der Landesverband aktiv. Aus Platzgründen werden nur einige in Kürze aufgeführt:

  • Zusammen mit der kurdischen und türkischen Linken haben wir gegen die Aggressionen des türkischen Staates und islamistischer Terrorbanden gekämpft und versucht, uns für die Verteidigung der Stadt Afrin und des Projektes Rojava einzusetzen.
  • In Dortmund und vielen anderen Städten haben wir uns dem Fascho-Pack entgegengestellt.
  • Im Sommer haben wir einen Seminartag durchgeführt.
  • Wo sich Arbeitskämpfe entwickelt haben, haben wir sie nach Kräften unterstützt oder unsere Solidarität bekundet.
  • Nach den rassistischen Hetzjagden in Chemnitz haben Genoss*innen in vielen Städten spontan Aktionen organisiert, andere sind nach Chemnitz gefahren und haben dort mit Zehntausenden protestiert. Ebenfalls waren wir in den Seebrücken-Bewegung aktiv.
  • Im Dezember ist eine Delegation aus knapp zehn Genoss*innen nach Paris gefahren, hat an Gelbwesten-Aktionen teilgenommen, Erfahrungen gesammelt und solidarische Grüße der deutschen Linken überbracht.
  • Außerdem konnten wir, bei einigen Schwächen, besser als in vergangenen Jahren eine kontinuierliche Arbeit im Landessprecher*innenrat entwickeln und die meisten Genoss*innen auf regelmäßiger Basis in die Arbeit einbeziehen. Unser Auftritt in sozialen Netzwerken hat sich merklich verbessert, auch wenn da noch Luft nach oben ist.

Dies alles sind Beispiele für gelungene Interventionen auf großen, politischen Veranstaltungen und ein weiterer Schritt in Richtung Kampagnenfähigkeit.

Als parteinaher Jugendverband der Partei DIE LINKE.NRW vertreten wir nicht nur jugendpolitische Interessen, sondern setzen uns für ein breites Spektrum verschiedener Themen ein und tragen diese in die Partei hinein. Dort etablieren wir uns immer weiter als kämpferischer und radikalerer Flügel linker Politik. Im vergangenen Jahr haben wir auch unsere Zusammenarbeit ausgebaut und werden dies auch weiterhin tun. Die Arbeit, die die linksjugend [’solid] NRW leistet, wird mehr ins Bewusstsein der älteren Genoss*innen gerückt. Wir wollen weiter verstärkt mit den Genoss*innen der Partei DIE LINKE, dem linken Frauenverband LISA und dem Studierendenverband SDS zusammen arbeiten und in Austausch treten.

In der kommenden Legislatur wird der Kampf um unseren Planeten auch weiter eine zentrale Rolle einnehmen. Wir beteiligen uns weiter an „Ende Gelände“ und anderen Aktionen zur Rettung des Klimas.
Der Kampf gegen Rassismus und Nationalismus ist leider ein alltäglicher Kampf, der uns dauerhaft begleitet.
Im Frühjahr werden wir wieder eine Feminismus-Kampagne durchführen, die sowohl lokale Aktionen und Veranstaltungen als auch zentrale Demonstrationen beinhaltet.
Weitere Schwerpunkte werden wir kurzfristiger setzen, wenn sich abzeichnet, wo es durch gesellschaftliche Stimmungen reelle Chancen gibt, Veränderungen herbei zu führen oder durch unsere internationalistische Verpflichtung Solidarität mit Linken weltweit auszuüben.

Wohnraum und Pflege

DIE LINKE führt derzeit bundesweit zwei Kampagnen durch: Eine für bezahlbaren Wohnraum, und eine für mehr Pflegepersonal. Wir finden es gut, dass sich die Partei auch unabhängig von Wahlkämpfen und Parlamenten als politischer Akteur zeigt, denn so wird sie attraktiv für Menschen, die sich aktiv einbringen wollen. Auch wir wollen diese Kampagnen unterstützen. Eine Schwierigkeit wird dabei sein, dass die Umsetzung im Wesentlichen von den Kreisverbänden gestemmt wird, was auch Sinn macht, da die konkrete Situation sich örtlich unterscheidet.

Um Genoss*innen vor Ort zu unterstützen, nimmt sich der Landesverband konkret vor:

  • Auf dem PfingstCamp wird je mindestens ein Workshop zu den beiden Themen angeboten, DIE LINKE wird eingeladen, die Kampagnen dort vorzustellen.
  • Durch Öffentlichkeitsarbeit in Form von Statements und Pressemitteilungen werden Entwicklungen in den Bereichen kommentiert.
  • Es werden Materialien (mindestens Flyer und Sticker) zu den beiden Themen herausgegeben.
    Die beiden Kampagnen sollen in die Planungen zur Kommunalwahl einfließen und dort Schwerpunkte bilden.
  • Wenn sich überregionale Mobilisierungen ergeben, organisiert der Landesverband nach Kräften Demonstrationsblöcke und erleichtert Genoss*innen die Teilnahme, sofern die Kassenlage es zulässt, durch Fahrtkostenzuschüsse.

Von der Klasse an sich zur Klasse für sich

Für uns als Sozialist*innen ist klar, dass die Geschichte eine Geschichte der Klassenwidersprüche ist, die sich in Revolutionen entladen. Der Grundwiderspruch unserer Epoche ist der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit. Solange es Ausbeutung und Unterdrückung gibt, werden sich immer Menschen wehren. Proteste können dabei spontan entstehen. Sie verfolgen kein klares Programm, sondern sind ein Ausdruck der Wut gegen die bestehenden Verhältnisse. Solche spontanen Proteste können allerdings schnell politisch gefärbt werden. Wenn man unter offensichtlicher Armut und Ausbeutung leidet und gegen diese auf die Straße geht, ist es naheliegend, ein Klassenbewusstsein zu entwickeln. Ein aktuelles Beispiel für eine solche Situation sind die aktuellen Gelbwesten-Proteste in Frankreich, wo viele Menschen, die damals Macron zum Präsidenten gewählt hatten, heute gegen ihn auf die Straße gehen, weil sich die Widersprüche offensichtlich zuspitzen. Schnell reicht Tropfen aus, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Erhöhung der Benzinsteuer war der Auslöser, dass Menschen in ganz Frankreich sich über Facebook-Gruppen absprachen, Autobahnen und Mautstationen zu besetzen. Schnell wurde daraus eine allgemeine Bewegung gegen Macron, mit weitergehenden Forderungen, die regelmäßig auf den Straßen und Plätzen der französischen Städte demonstriert. Am Anfang gab es innerhalb der Linken im allgemeinen Vorbehalte gegen die Proteste, weil unklar war, wer auf die Straße ging, und diese nicht von Parteien oder Gewerkschaften organisiert wurden.
Aus den Erfahrungen, die Menschen während derartiger Kämpfe machen, lernen sie und entwickeln politische Positionen, auch über ihre eigene soziale Situation hinaus. Ein*e Arbeiter*in, die*der ehemals rassistische Ressentiments hatte, wird diese schnell hinter sich lassen, wenn sie*er sieht, dass es Menschen verschiedener Herkunft gibt, denen es ähnlich geht und die den gleichen Kampf führen.

Geschwächt wurde die internationale Arbeiter*innenbewegung durch den Verrat der Sozialdemokratie und des Stalinismus. Die stalinistischen Parteien setzen auf eine friedliche Koexistenz mit der Kapitalist*innenklasse, um die Privilegien der Bürokrat*innenkaste in der Sowjetunion zu verteidigen. Die Sozialdemokraten sind ein Teil des bürgerlichen Staates geworden. Der Zusammenbruch der Sowjetunion, welcher als Scheitern des Sozialismus propagiert wurde, die vollständige Verbürgerlichung der sozialdemokratischen Parteien, die nun neoliberale Programme umsetzten, führte zu einer Auflösung der Arbeiterbewegung.

Heute ist die Linke im allgemeinen noch schwach und neue linke Formationen stark auf den Parlamentarismus ausgerichtet. Marxist*innen sind in der Unterzahl. Trotzdem zwingen uns die objektiven Bedingungen dazu, die Arbeiter*innenbewegung wieder aufzubauen. Um den Kapitalismus zu überwinden müssen wir uns organisieren. Wir brauchen ein klares Programm und Ziele, um zu siegen. Historisch hat sich gezeigt, dass eine Partei notwendig ist. Zwar treten immer wieder Massen auf Grund der objektiven Widersprüche in den Kampf und erringen sogar manchmal Siege, aber um längerfristige Veränderungen zu erwirken, und schlussendlich das kapitalistische System durch eine sozialistische Gesellschaft zu ersetzen, ist eine Organisation nötig, die fähig ist, die Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten unter ihrem Banner zu sammeln und es mit der herrschenden Klasse aufzunehmen.

Noch ist die Zahl der Menschen, die sich organisieren gering. Aber alle, die diesen Schritt gehen, spielen eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der Arbeiter*innenbewegung. Als linksjugend [‘solid] NRW beteiligen wir uns immer wieder an Protesten, Streiks und Demonstrationen. Einerseits, weil wir die selben Ziele wie diese Bewegungen haben und andererseits, weil wir unsere Ideen in diese Bewegungen durch Flyer, Reden und Diskussionen reintragen wollen. Wir kämpfen gemeinsam, machen Erfahrungen und tragen unsere Erfahrungen in den Widerstand. Als Sozialist*innen betonen wir in allen Kämpfen die Gesamtinteressen der Bewegungen, wieso sie Teil des Kampfes gegen den Kapitalismus sind, und wieso der Kapitalismus überwunden werden muss, um sie zum Sieg zu führen. Schrittweise werden wir so eine Massenkraft aufbauen, in der sich die Menschen bewusst organisieren, gemeinsam diskutieren, kämpfen und Erfahrungen machen, die vereint sind durch organisatorische Strukturen und einem sozialistischen Programm.

Welcher Weg zum Sozialismus?

Tagtäglich sind wir mit der Barbarei des Kapitalismus konfrontiert: Wachsender Wohnraummangel, Obdachlose, die im Winter auf der Straße erfrieren, Flucht, Armut und Kriege. Immer werden Menschen in den Kampf gegen dieses unmenschliche System getrieben. Unser Ziel ist es, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (Karl Marx, MEW 1, S. 385). Unser Ziel ist eine sozialistische Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung, in der die Mehrheit der Menschen über Politik und Wirtschaft bestimmen. Diese Gesellschaft ist für uns keine Utopie, sondern Marx und Engels haben Basis des wissenschaftlichen Sozialismus, erklärt, das der Sozialismus der logische Schritt in der Entwicklung der Menschheit ist.

Eine genaue Erklärung, wie der Sozialismus aussehen wird können wir nicht geben, weil es in noch nie gegeben hat. Aber an Hand gewisser Prinzipien und den historischen Erfahrungen nicht-kapitalistischer Staaten können wir ein ungefähres Bild davon geben, wie eine sozialistische Gesellschaft oder wenigstens die Übergangsgesellschaft zu dieser aussieht.
Kapitalismus bedeutet Produktion für den Profit statt für Mensch und Natur. Sozialismus heißt, dass planmäßig nach den Bedürfnissen der Menschen produziert wird, unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung. Banken und Konzerne werden verstaatlicht und ein staatliches Außenhandelsmonopol eingeführt. Die soziale Daseinsvorsorge von Kitas, Mensen, Krankenhäusern, Schulen und Universitäten usw. wird massiv ausgebaut. Durch Vollbeschäftigung wird die Arbeitszeit massiv verkürzt werden und mehr Menschen werden die Möglichkeit haben sich am politischen und kulturellen Leben zu beteiligen. In den stalinistischen Regimen der Vergangenheit war zwar das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft, aber eine bürokratische, privilegierte Clique hatte sich an die Spitze der Planwirtschaft gesetzt. Es gab keine Arbeiter*innendemokratie. Der Sozialismus braucht aber Demokratie wie der Mensch Luft zum atmen. Wir wollen ein Rätesystem wie in den Anfängen der russischen Revolution 1917 und der deutschen Revolution 1918/19. Die Menschen kommen in ihren Betrieben und Nachbarschaften zusammen, diskutieren dort gemeinsam und fällen Entscheidungen. Sie wählen aus ihren Reihen Delegierte, die in höhere Räte geschickt werden, um weitreichendere Entscheidungen zu treffen. Dabei läuft alles unter dem Motto „So dezentral wie möglich, so zentral wie nötig“. Menschen, die auf Grund ihrer politischen Aufgaben von der Produktion freigestellt werden, erhalten keine Privilegien. Sie verdienen einen durchschnittlichen Arbeiter*innenlohn, sind ihren Wähler*innen gegenüber rechenschaftspflichtig und jederzeit Wähl- und Abwählbar.
Eine solche sozialistische Gesellschaft würde sich in Form einer sozialistischen Föderation auf die ganze Welt ausdehnen. Sie würde die Grundlage dafür bieten, dass Grenzen und staatliche Strukturen sich immer mehr auflösen würden.

Aber der Sozialismus kommt nicht von allein, wir müssen für ihn aktiv kämpfen, und die Klasse organisieren, die fähig ist, aufgrund ihrer Größe und ökonomischen Rolle den Kapitalismus zu überwinden: Die Arbeiter*innenklasse. Im vergangen Jahrhundert hat unsere Klasse immer wieder den Schritt gewagt mit dem Kapitalismus zu brechen. Immer wieder scheiterten diese Versuche, aber aus ihrem Erbe lernen wir, um selbst den Schritt zu wagen und endlich das kapitalistische System abzuschaffen. Für uns stellst sich auch heute noch die Frage: Sozialismus oder Barbarei!