11. September 1973 – faschistischer Militärputsch in Chile

Heute wird vielerorts an die grausamen Anschläge vom 11. September 2001 erinnert. Auch wir gedenken den Opfern der Anschläge und der darauf folgenden Kriege, die bis heute andauern. Wir wollen aber auch an den 11. September 1973 in Chile erinnern:

1970 wurde mit der Unidad Popular ein linkes Bündnis zur stärksten Kraft gewählt, Salvador Allende wurde Präsident Chiles. In den folgenden Monaten wurde eine Vielzahl an sozialen Programmen aufgelegt, die Not der Bevölkerung ging spürbar zurück. Um das zu finanzieren und kapitalistische Ausbeutung zu erschweren wurden einige Konzerne enteignet. Die Allende-Regierung genoss große Unterstützung besonders in den armen Teilen der Bevölkerung und stand symbolisch für den Widerstand gegen die Macht von Konzernen und dem in Lateinamerika sehr aktiven US-Imperialismus.

Doch die alten Herrschenden wollten nicht tatenlos zusehen, wie sie ihre Privilegien verloren. Es gab Hetzkampagnen, Aussperrungen, „Unternehmerstreiks“ und Anschläge auf Allende und die Arbeiter*innenbewegung.

Weil all das nicht half, putschten am 11. September 1973 rechte Militärs unter der Führung von General Pinochet. Sie wurden massiv unterstützt vom CIA, Bürgerliche auf der ganzen Welt beklatschten sie. In Deutschland war die christdemokratische Konrad-Adenauer-Stiftung ganz vorne dabei.

Revolutionäre Linke hatten Allende und die Unidad Popular immer wieder zur Absetzung rechter Militärs und stattdessen zur Bewaffnung demokratisch gewählter Verteidigungseinheiten aufgefordert. Doch die Allende-Regierung war nicht bereit, grundlegend mit dem Kapitalismus zu brechen. Als Arbeiter*innen Betriebe besetzten, gab die Regierung diese zurück in die Hände der Kapitalist*innen und weigerte sich, die staatlichen Betriebe der demokratischen Kontrolle durch Produzierende und Verbraucher*innen zu unterstellen. Statt auf die Arbeiter*innenklasse zu setzen, fuhr sie einen Zickzack-Kurs und versuchte, die „liberale“ Bourgeoisie und Teile des Militärs einzubinden. Bourgeoisie und Militär orientierten aber auf den US-Imperialismus und bereiteten die Konterrevolution vor. Wegen dieser Politik konnte die Regierung nur begrenzte Fortschritte durchsetzen. Weitreichender Maßnahmen hätten vielleicht die „liberale“ Bourgeoisie gegen sie aufgebracht, dafür hätte man aber viel mehr Menschen aus der zahlenmäßig deutlich stärkeren Arbeiter*innenklasse und der armen Landbevölkerung gewonnen.

Nach dem gut organisierten Putsch wurde eine faschistische Diktatur eingeführt. Gewerkschafter*innen, Sozialist*innen, Linke und alle, die im Verdacht standen, gegen die neue Diktatur ankämpfen zu wollen, wurden interniert, gefoltert und umgebracht. Das Nationalstadion (hier im Bild) in Santiago de Chile wurde zum Konzentrationslager, seine Gewölbe zum Folterkeller. Amnesty International schätzt, dass allein im ersten Jahr der Diktatur 30-40.000 Menschen hingerichtet oder zu Tode gefoltert wurden.

Unter der neuen faschistischen Diktatur konnten sich auch deutsche Altnazis, von denen viele nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in lateinamerikanische Länder geflohen waren, wohl fühlen. Ein bis heute dunkles, weil nicht wirklich aufgearbeitetes, Kapitel ist die „Colonia Dignidad“, eine von einer exildeutschen christlich-rechtsradikalen Sekte gebildete Siedlung. Sie unterstützte faschistische Kräfte, wirkte im Putsch mit und unterhielt während der Pinochet-Diktatur Folterkeller für den Geheimdienst. Mehrere deutsche Unionspolitiker besuchten die Siedlung und verteidigten sie gegen Kritik. In Deutschland gab es einen „Freundeskreis“, der von einem ehemaligen SS-Offizier gegründet wurde und in dem einflussreiche Menschen mitwirkten. Bis heute sind nicht alle Akten freigegeben, es gibt Vermutungen über weitreichende Verstrickungen des BND mit der Colonia Dignidad.

Der Putsch in Chile 1973 und die folgenden Jahre haben gezeigt, dass das Kapital zu jeder Grausamkeit bereit ist, wenn es die Gefahr einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft gibt. Die Arbeiter*innenbewegung muss sich dessen bewusst sein und die Geschichte studieren. Deswegen möchten wir an diesem Tag an die Geschichte unserer chilenischen Genoss*innen erinnern.